Mit Goltz haben die Armenier in Deutschland einen bedeutenden Mitstreiter verloren, der sich sein ganzes wissenschaftliches Leben lang mit der Geschichte und der Kultur dieses Volkes befasst und die Rezeption armenischer Fragen in der deutschen Gesellschaft wesentlich befördert hat. Das von ihm gegründete und geleitete Lepsius-Archiv ebenso wie das MESROP Zentrum für Armenische Studien an der Universität Halle haben mit einer Vielzahl von Publikationen die Aufmerksamkeit auf ein Thema gelenkt, das über viele Jahrzehnte auch hierzulande tabuisiert war: den osmanischen Völkermord an den Armenier im Jahre 1915. Prof. Goltz hat mit seinen Forschungen über das Lebenswerk des Theologen Johannes Lepsius, der den geschundenen Armeniern in jenen dunklen Jahren als großer Menschenfreund und Publizist nahe stand, auch ganz erheblich die Bereitschaft der deutschen Gesellschaft befördert, sich ihrer eigenen, bisher gern verschwiegenen, Verantwortung für das Schicksal des armenischen Volkes im Osmanischen Reich zu stellen. Er war wesentlich an den Formulierungen jener Bundestagsresolution beteiligt, die im Jahre 2005 erstmals auf deutscher Seite offiziell die Faktizität des Völkermords bestätigte - auch wenn das Parlament noch einmal vor der unmissverständlichen juristischen Qualifizierung als Genozid zurückschreckte. Die Gründung des Lepsius-Hauses Potsdam, gegen den erbitterten Widerstand offizieller türkischer Stellen, wäre ohne Goltz sicher nicht zustande gekommen. Heute ist dieses Haus eine Forschungs- und Begegnungsstätte für internationale wissenschaftliche und ökumenische Zusammenarbeit, Ort auch für eine Deutsch-Armenische Akademie, verpflichtet dem Ziel einer Versöhnung der Völker auf der Basis ungeschminkter historischer Wahrheit.
Prof. Hermann Goltz, Ehrendoktor der Universität von Jerewan und ausgezeichnet mit bedeutenden armenischen Orden, hat zuletzt, von der Krankheit bereits erheblich geschwächt, als wissenschaftlicher Berater an dem Aufsehen erregenden ARD-Film „Aghet. Ein Völkermord" von Eric Friedler mitgewirkt, der im April dieses Jahres den Völkermord an den Armeniern erstmals einer breiten deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
Der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD) bezeugt dem Kirchenmann und Wissenschaftler Hermann Goltz hohen Respekt und aufrichtige Dankbarkeit für sein Wirken: Die Armenier in Deutschland haben einen großen Freund verloren.
Der ZAD drückt der Familie sein tiefstes Mitgefühl aus.
Vorstand des Zentralrats der Armenier in Deutschland
Frankfurt am Main