Armenier fordern neue Integrationsdebatte

Die Integrationsdebatte, die seit Monaten durch Deutschland schwappt, bewegt sich so sehr an der Oberfläche, dass sie niemandem wirklich weh tut. Das bemängelt der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD).

Glaubensfreiheit ist verfassungsgemäßes Recht, ob jemand Christ ist oder Muslim oder Jude, Agnostiker oder Anhänger irgendeiner anderen spirituellen Bewegung darf keine Rolle spielen. Der ZAD: „Erst wo Religion von der Politik ausgebeutet wird, droht Gefahr. An diesem Punkt  macht eine Integrationsdebatte Sinn. Und genau an diesem Punkt weicht die aktuelle Debatte aus.“  In einem Schreiben an den Bundespräsidenten Christian Wulff fordert der ZAD, den öffentlichen Diskurs zu erweitern und gerade den Aspekt der politischen Einflussnahme stärker zu berücksichtigen. Die aktuellen Christenverfolgungen in der Türkei konterkarierten eben nicht nur die Forderungen nach Glaubensfreiheit, sie seien zugleich ein Reflex auf die türkische Geschichte und auf die türkische Politik der vergangenen 95 Jahre. Der ZAD-Vorsitzende Azat Ordukhanyan: „Weil die Türkei den Völkermord an den Armeniern bis heute so militant und leider auch so erfolgreich leugnet, setzt sie sich gleichsam selbst unter Zwang, die verbliebenen Christen im Land unter permanenten Druck zu setzen und die Nachfahren der Überlebenden in der Diaspora  zu verleumden.“ Die Inhaftierung des deutschen Schriftsteller Dogan Akhanli sei eben nur der letzte einer unendlichen Reihe von Einschüchterungsversuchen. Die Leugnungspolitik Ankaras habe auch massive Auswirkungen auf die türkischen Gemeinschaften in Deutschland. Demokratische Strukturen haben, so der ZAD, keine Chancen, solange Menschen bereit sind, einen Völkermord zu leugnen – und ihn damit als legitimes Mittel der Politik zu akzeptieren. Die Armenier in Deutschland fordern eine Integrationsdebatte, die sich nicht nur am Kopftuch abarbeitet, sondern an den Kern der Dinge geht. Der ZAD hat dem Bundespräsidenten seine Mitarbeit in allen Initiativen angeboten, die diesem Ziel dienen.

Mit freundlichen Grüßen

Vorstand des Zentralrats der Armenier in Deutschland

Frankfurt am Main

03.11.2010