Die Armenier sind stolz darauf, dass ihr Land im Jahre 301 als erstes
das Christentum zur offiziellen Staatsreligion erklärte. Ein Stolz, der
auch in der Diaspora nicht verloren gegangen ist. Und der sich im
Selbstbewusstsein der Armenisch-Apostolischen Kirche widerspiegelt -
obwohl man ein kleines Volk ist, in Österreich sind es rund
7000Menschen.
Einst sollen Apostel die Armenier christianisiert haben, erzählt
Pater Andreas von der armenischen Kirche im dritten Wiener
Gemeindebezirk, „und so entstand die Armenisch-Apostolische Kirche".
Der Pater ist verheiratet, was bei armenischen Priestern erlaubt ist.
Nur leitende Kirchenämter bleiben Verheirateten verwehrt. Nicht nur
hier hat man - im Unterschied zur katholischen Kirche - am alten
christlichen Ritus festgehalten.
Doch wer sind diese Armenier? Ein weltweit verstreutes Volk: durch
die geografische Lage als Durchgangsland, im Brennpunkt zwischen Orient
und Okzident, immer wieder in die Flucht getrieben. Seit Jahrhunderten
gab es starke Gemeinden im Nahen Osten und in Osteuropa.
Die große Diaspora konzentriert sich mittlerweile vor allem auf
Russland, Frankreich und die USA. Das macht es schwer, Aussagen über
die Zahl der Armenier zu machen. Wohl kaum ein Viertel der weltweit
geschätzten zehn Millionen lebt im Mutterland.
„Die Geschichte der Armenier in Österreich reicht bis ins
16.Jahrhundert zurück, als armenische Händler während der
Türkenbelagerung nach Österreich kamen. Als Kundschafter waren sie eine
Verbindung zum Osmanischen Reich", erzählt der ehemalige Obmann der
armenischen Gemeinde, Astig Asvazadurian.
Eine Brücke zum Orient, also. Das gilt auch für die Mechitaristen:
Wien ist ein Zentrum ihrer Ordensgemeinschaft. Vor 200Jahren fanden
diese armenischen Katholiken hier Asyl. Die Geschichte der Mönche ist
typisch: In ihrem Kloster in der Mechitaristengasse im 7. Bezirk haben
sie ein bedeutendes kulturelles Zentrum mit großer Bibliothek und
Museum geschaffen. Die berüchtigte Geschäftstüchtigkeit der Armenier
zeigt sich in der Erzeugung des Kräuterlikörs „Mechitharine". Und, so
Pater Vahan: „Unsere Druckerei publizierte Zeitschriften und Bücher in
50Sprachen. Das war für die Monarchie sehr wichtig." An ihren Schulen
in der Türkei haben die Patres als Erste Deutsch unterrichtet.
Trotz konfessioneller Zersplitterung, so streng nimmt man es nicht:
Armenier lieben ihre Kirchen. Sie bleiben in der Fremde oft das einzige
Stück Heimat. Ein Zufluchtsort, an dem Identität und Sprache gewahrt
werden.
Armenier haben sich seit jeher leicht in neue Gastländer integriert.
Trotzdem hat man den Bezug zum Ursprung nicht verloren. Eine offene
Gastgesellschaft wie die österreichische jedoch ist für die zweite
Generation oft attraktiver als die kleine armenische Gemeinde. Auch die
Erinnerung an die alte Kultur kann dieses Abdriften schwer verhindern.
Eine Entwicklung, die manche aus der Einwanderergeneration mit Wehmut
beobachten.
Ähnlich schmerzvoll war wohl einst der „Verlust" des Berges Ararat
an das Nachbarland Türkei. Der Berg, auf dem die Arche Noah gestrandet
sein soll, ist das Nationalsymbol der Armenier. Im Wappen und auf
unzähligen Bildern in armenischen Wohnungen abgebildet, verehrt man ihn
als „Symbol der Unsterblichkeit des armenischen Volkes".
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