Mit Druck, Drohungen und Erpressung: Der Weg der Türkei in die EU - Demokratie und Menschenrechte bleiben auf der Strecke

Bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel will der türkische Ministerpräsident Erdogan auch gegen das geplante EU-weite Verbot der Völkermordleugnung Einspruch einlegen. Ein Staat, wo die Menschen- und Minderheitenrechte nicht eingehalten, die Völkermordleugnung zur Staatsdoktrin erklärt und die Kinder bereits in der Schule mit rassistischen Vorstellungen erzogen werden, hat kein Recht, sich in die Gesetzgebung im demokratischen Europa einzumischen.

Sowohl das
Europäische Parlament, als auch mehrere nationale Parlamente von EU-Staaten
haben bereits den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich anerkannt.
Im Oktober 2006 hat die Nationalversammlung in Frankreich einem Gesetzentwurf
zugestimmt, dass die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern unter Strafe
stellt. In der Schweiz ist die Völkermordleugnung bereits Straftatbestand: Wer
dort öffentlich einen Völkermord oder ein anderes Verbrechen gegen die
Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht, macht
sich strafbar. Ein Rahmenbeschluss, den die Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries Anfang dieses Jahres vorgelegt hat, sieht ebenfalls vor, öffentliches
Billigen, Leugnen oder Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der EU zu verbieten.

Der
Zentralrat der Armenier in Deutschland begrüßt die Initiative der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft die europaweite Bekämpfung von Rassismus,
Fremdenfeindlichkeit und Völkermordleugnung wieder auf die politische Agenda zu
setzen. Statt den demokratischen Staaten Europas vorzuschreiben, was sie zu tun
und zu lassen haben, sollte die türkische Regierung endlich den Völkermord an
den Armeniern im Osmanischen Reich anerkennen.

Auch nach
der Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink hat die türkische
Regierung nichts unternommen, um den zunehmenden aggressiven  Nationalismus einzudämmen. Die rassistische
Hetze gegen die eingeschüchterte und verängstigte armenische Restbevölkerung in
der Türkei nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an.

Statt an
die deutsche Ratspräsidentschaft Forderungen und Erwartungen zu stellen,
sollten der türkische Ministerpräsident und seine Regierung endlich beweisen,
dass sie es mit der Demokratisierung des Landes ernst meinen. Seit Aufnahme der
Beitrittsverhandlungen hat es in der Türkei kaum Fortschritte in der Frage der
Minderheiten- und Menschenrechte gegeben. Selbst die überfällige Abschaffung
des berüchtigten § 301 lehnt Erdogan ab.

Wenn die
Türkei meint, dass ihr vor 40 Jahren die EU-Mitgliedschaft versprochen wurde,
dann stellt sich die Frage, was die Regierungen in Ankara in den vergangenen 40
Jahren unternommen haben, um die demokratischen Standards durchzusetzen, die
notwendig sind, um als Mitglied in die europäische Staatengemeinschaft
aufgenommen zu werden. Statt durch eine umfassende und tief greifende
Demokratisierung des Landes, versucht die türkische Regierung durch intensive
Lobbyarbeit, Druck, Drohungen und Erpressung ihren EU-Beitritt zu erzwingen.
Wir appellieren an die deutsche Regierung und die Bundeskanzlerin, den
Druckversuchen seitens der Türkei nicht nachzugeben.

 

Zentralrat der
Armenier in Deutschland
Frankfurt
am Main, 15.04.2007