von Guido Berg
Unbeeindruckt von jüngsten Protesten der Türkischen Gemeinde in
Deutschland (TGD) fördert die Bundesregierung den Ausbau des Potsdamer
Lepsiushauses zu einer Forschungs- und Begegnungsstätte. Das
Bundesverwaltungsamt hat dem Lepsius-Haus-Verein nun den lange
erwarteten Bewilligungsbescheid zugestellt, erklärte
Vereinsgeschäftsführer Peter Leinemann gestern den PNN. Noch 2009 werde
mit dem Innenausbau begonnen.
Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulz, Vorsitzender des
Fördervereins Lepsius-Hauses, nannte den Förderbescheid gestern Abend
„einen großen Grund zur Freude". Die entstehende Institution
Lepsius-Haus werde „dazu beitragen, das Verhältnis zwischen Deutschen,
Türken und Armeniern nachhaltig zu verbessern". Das Lepsius-Haus sei
„keine antitürkische Institution", so Schulz. Die deutsche Politik war
bislang „mit Rücksichtnahme auf die Freundschaft zur Türkei zögerlich
mit unserem Projekt", erklärte der Lepsius-Experte Prof. Hermann Goltz.
Das Lepsius-Haus werde den Dialog fördern „auf der Ebene der
historischen Wahrheit, nicht der Verdrängung".
Erst jüngst war das Projekt Lepsiushaus Ziel der Kritik der TGD. In
einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte
sie, der Bund solle von der Förderung der Forschungs-, Gedenk- und
Begegnungsstätte Abstand nehmen. Lepsius gilt als der „Oskar Schindler
der Armenier". In seinem 1915 an der deutschen Zensur vorbei
veröffentlichten „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der
Türkei" machte er den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich
der Jahre 1915/16 europaweit bekannt. Von offizieller türkischer Seite
wird die Tötung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern auf Todesmärschen
noch heute als Ergebnis „normaler Kriegshandlung" bezeichnet.
Basis der Förderung des Lepsiushauses durch den Bund ist eine
Resolution des Bundestages vom 15. Juni 2005, in der der Genozid an den
Armeniern von deutscher Seite erstmals ausdrücklich verurteilt wird.
Gleichsam beschloss der Bundestag, Leben und Werk von Johannes Lepsius
„dem Vergessen zu entreißen".
Der Bund fördert nicht nur den 560 000 Euro kostenden Innenausbau des
einstigen Wohnhauses des Humanisten Johannes Lepsius (1858-1926) in der
Großen Weinmeisterstraße mit 280 000 Euro. Gleichsam gibt der Bund bis
2011 jährlich 100 000 Euro für die Programmarbeit des Lepsiushauses
unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Goltz.
Wie Geschäftsführer Leinemann erklärte, werden noch 2009 erste Stellen
ausgeschrieben sowie der Auftrag für die Planung der Dauerausstellung
ausgelöst. Zum Halbjahr 2010 werde der Innenausbau abgeschlossen und im
September die Dauerausstellung eröffnet. Ende 2010 folge die Eröffnung
des Lepsius-Archivs und einer Bibliothek.