Seine Exzellenz: Charles Aznavour

Ex-Armenier jetzt Botschafter in der Schweiz / Seine Heimat feiert ihn

Es tut sich immer noch was beim einstigen
„Napoleon des Chanson" und Filmgranden Charles Aznavour. Gerade
rechtzeitig vor seinem 85. Geburtstag am 22. Mai wurde der
armenienstämmige Franzose am 6.Mai 2009 zum Botschafter Armeniens in
der Schweiz ernannt.

Der in Paris geborene Schahnur Waghinak
Asnawurjan wurde erst Charles Aznavourian und später als Chansonier,
Texter und Komponist Charles Aznavour weltberühmt. Sein Herkunfts- und
sein Geburtsland feiern ihn dieser Tage überschwänglich, und auch das
Potsdamer Filmmuseum beging seinen Geburtstag am Freitag mit einer
filmischen Würdigung des großen, obwohl kleinen, aber vor allem sehr
agilen Mannes. Die Kooperationsveranstaltung mit dem Förderverein
Lepsiushaus gab dem Leiter des Johannes-Lepsius-Archivs Hermann Goltz
vor der Aufführung des Geburtstagsfilms für Aznavour Gelegenheit, in
seiner Laudatio auch die komplizierten armenisch-türkischen Beziehungen
zu thematisieren. Bekanntlich hatte das Osmanische Reich vor und
während des ersten Weltkriegs einen millionenfachen Völkermord an den
Armeniern begangen, der bis heute von der Türkei abgestritten wird.
Aznavour, der auf diese Verbrechen auch in seinen Liedern stets
hinwies, wird als Botschafter Armeniens die gleiche Zielstrebigkeit
benötigen wie er sie als Künstler hatte, wenn er mit diesem Anliegen
auch politisch erfolgreich sein will.

Der 1960 vom unerreichten Regisseur Francois
Truffaut realisierte Film des Abends „Schießen Sie auf den Pianisten"
ist noch immer ein bizarres Meisterstück der schwarz-weißen
Lichtspielkunst. Das die frühen amerikanischen Gangsterfilme
parodierende Werk lebt nicht nur von der großartigen Schauspielkunst
aller Akteure, sondern ist voller witziger Zitate und Anspielungen. So
steigt die von Michele Mercier gespielte Clarisse, in einer Zeit als
unbekleidete Frauen im Filmen absolutes Tabu waren, splitternackt zu
Charlie (Charles Aznavour) ins Bett und plappert dabei kokett: „Was
tust du da? In einem Film ist das doch gar nicht erlaubt!" Ansonsten
aber geht's in dem romantischen Seelendrama beinhart zu. Als Ausgleich
zur verwirrend hintergründigen Handlung und den diversen
Verfolgungsjagden und wilden Schießereien bleiben dem Zuschauer die
unzähligen schönen Frauen und ein schüchtern männlicher Aznavour in
Hochform. Ein Film zum Seufzen. Da sind sie wieder, die Damen in ihren
weiten, weißen, mit einem Gürtel gebundenen und deshalb an Bademäntel
erinnernden Kostümen, aus denen nylonumhüllte Beine wachsen, die von
Stöckelabsätzen getragen werden. Und wie männlich wir Männer da noch
waren! Geschöpfe, ach was, Helden, zum Anlehnen geboren.

Gelernt haben wir Älteren diese Kunst nach
unzähligen Filmen und Liedern ganz unstrittig vom unvergleichlichen
Charmeur Charles Aznavour. (kro)

 

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