Zu den infamen Vorwürfen des Vizechef der Linksfraktion im Bundestag gegen die Nachkommen der Überlebenden eines Völkermordes

Der Vizevorsitzende der Linksfraktion, Bodo Ramelow, hat wieder mal seine mangelnde politische und moralische Sensibilität unter Beweis gestellt: Nachdem er vor kurzem gesagt hat, dass er es „einleuchtend“ findet, dass sein Fraktionskollege Hakki Keskin „in der Rolle als Vertreter der Türken in Deutschland sich treu bleibt“ und weiterhin den türkischen Völkermord an den Armeniern leugnet (Der Tagesspiegel, 23.01.07), erhebt er nun den äußerst infamen Vorwurf, der Zentralrat der Armenier in Deutschland würde „ohne Augenmaß“ handeln und „die getöteten Menschen noch einmal instrumentalisieren“ (Der Tagesspiegel, 05.01.07). Die Unterstellung, die Überlebenden des Holocaust und Israel hätten den „Mythos vom Genozid“ erfunden, um es für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, gehört zu der bekannten, widerlichen Argumentationsstrategie von Holocaust-Leugnern. Nun wirft Bodo Ramelow uns Armeniern vor, wir würden unsere eigenen Toten „instrumentalisieren“. Ramelow erweist sich immer mehr als Apologet seines völkermordleugnenden Genossen Hakki Keskin.

Der ZAD hat zurecht dagegen protestieren, dass Hakki Keskin
in der Linksfraktion weiterhin den Völkermord leugnet. Wir standen und stehen
mit dieser Kritik nicht alleine: Mitglieder der WASG und PDS haben die
Nominierung Keskins damals als „den größten politischen Fehler, den die PDS
machen kann" bezeichnet. Im Gegensatz zu den damaligen innerparteilichen
Kritikern, die sich heute leider in Schweigen hüllen, haben wir als ZAD nur
unsere berechtigte Kritik erneuert und den Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi in
mehreren Schreiben um ein Gespräch gebeten, um zu erörtern, wie dieser Fehler korrigiert
wieder kann.

Haben wir, die Nachkommen eines Völkermordes, an dem
Deutschland eine historische Mitverantwortung trägt, etwa kein Recht, uns in
diesem Land über einen unverbesserlichen Völkermordleugner zu beklagen? Wir
Armenier sollen schweigen - und wenn nicht, dann wirft man uns einfach vor, wir
würden unsere Toten „instrumentalisieren". Bodo Ramelow wird uns aber auch mit
solch infamen Unterstellung nicht zum schweigen bringen! Als Nachkommen der
Opfer eines Völkermordes betrachten wir den konsequenten Kampf gegen jede Form
von Völkermordleugnung als unsere Pflicht. Nie wieder Völkermord heißt für uns
auch, keine Tolerierung von Völkermordleugnung - auch nicht unter dem
Deckmantel der Meinungsfreiheit. Wenn - wie im Tagesspiegel am 05.01.07 berichtet
- der deutsche Abgeordnete Bodo Ramelow „Raum für Interpretationen" des
Völkermordes an den Armeniern fordert, sollte er sich nicht wundern, wenn
demnächst noch andere kommen und für sich auch einen solchen
„Interpretationsraum" verlangen, damit der Zeitraum 1939 bis 1945 „objektiv,
für beide Seiten nachvollziehbar geklärt wird".

Wir erwarten vom Vorstand der Linkspartei.PDS und von der
Linksfraktion im Bundestag umgehend eine klare Verurteilung der Äußerungen Bodo
Ramelows. Die Mitglieder der Linksfraktion, der Linkspartei.PDS und der WASG
dürfen nicht länger schweigen, während führende Mitglieder ihrer Partei solch
infame Vorwürfe gegen die Nachkommen der Überlebenden eines Völkermordes
erheben und Völkermordleugnern Tür und Tor öffnen.

 

Zentralrat der
Armenier in Deutschland
Frankfurt
am Main, 05.01.2007