Armenier gedenken der Opfer des Völkermords

Zentrale Gedenkfeier für die Opfer des Genozids an den Armenier in der Paulskirche Am 24. April gedenken die Armenier in aller Welt ihrer anderthalb Millionen Opfer des Völkermords von 1915. Die zentrale Gedenkfeier des Zentralrats der Armenier in Deutschland und der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland findet um 19 Uhr in der Paulskirche zu Frankfurt am Main statt. Geladen sind Vertreter aus Politik, Kultur und Wissenschaft.

Die Gedenkreden
werden gehalten von Dr. Georg Meggle, Professor für  Philosophische
Anthropologie und Kognitionswissenschaften an der Universität Leipzig, sowie
Dr. Stephan Reimers, Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik
Deutschland und der Europäischen Union. Erzbischof Karekin Bekdjian, Primas der
Diözese, wird ein Gedenkwort und das Schlussgebet sprechen. Künstlerisch
gestaltet wird die Gedenkfeier von dem Bachspezialisten Grigor Osmanian am
Bajan und dem Bariton Garegin Hovsepian.

Weitere regionale Gedenkfeiern armenischer Gemeinden finden u.a. in Berlin,
in Köln und in Stuttgart und in Kehl statt.

Am 24. April 1915 veranlasste die jungtürkische Regierung des Osmanischen
Reiches die Verhaftung, Deportation und Ermordung armenischer Künstler,
Schriftsteller, Politiker und weiterer Repräsentanten des öffentlichen Lebens
in Konstantinopel. Dieses Datum ist zum weltweiten Gedenktag für die Opfer des
Völkermords der Jahre 1915/16 an den Armeniern geworden.

Nachdem der Deutsche Bundestag 2005 den Völkermord nach langem Zögern anerkannt
hat, bleiben noch immer zwei zentrale Forderungen der Armenier offen: „Es wird
Zeit", so der Zentralratsvorsitzende Schawarsch Owassapian, "dass die Leugnung
des Völkermords endlich auch hierzulande strafrechtlich verfolgt wird. Und es
wird höchste Zeit, dass das Thema Völkermord und Gewalt im 20. Jahrhundert in
unser Bildungssystem implantiert wird." Es könne nicht angehen, dass deutsche
Schulen und Universitäten dies sehr sensible Thema aus leicht durchschaubaren
Motiven weiterhin verdrängen. Das deutsche Bildungssystem müsse den Dialog der
Kulturen führen und könne nicht weiter jedem Konflikt in dieser Sache
ausweichen. Beide Forderungen, so Owassapian, seien ohnehin unzweideutig in der
Bundestagsresolution von 2005 angelegt. Allerdings fehle offenbar bis heute der
politische Wille, diese Forderungen auch tatsächlich umzusetzen.

Die Gedenkfeiern zum 24. April sind für die armenische Mitbürger, die 1915 in
die Diaspora gezwungen wurden, ein Tag, an dem sie ihrer Trauer Ausdruck geben.
Es ist aber auch ein Tag, an dem sie sich gegen die bis heute andauernde
Leugnung des Völkermords durch die Türkei und durch Parteigänger des türkischen
Leugnungsdogmas zur Wehr setzen. Dazu gehört u.a. auch die dringende Forderung
an die Europäische Union, vor der Fortsetzung der Beitrittsgespräche die
ersatzlose Streichung des berüchtigten Paragraphen 301 des türkischen
Strafgesetzbuches und eine Anerkennung des Völkermords durch das türkische
Parlament einzufordern.  Es gilt auch, das Schweigen zu durchbrechen, das
noch immer in vielen Ländern Europas und der Welt zu diesem Thema herrscht.
„Dialog und Versöhnung sind nur auf der Basis von Respekt, Akzeptanz und
Anerkennung möglich", so Owassapian. „Wer schweigt, macht sich mitschuldig. Es
ist ein historischer Irrtum zu meinen, dass die Zeit allein einen solchen
Konflikt einebnet. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Entwicklung der letzen
Jahre zeigt. Geschichte vergisst nicht."

Der Zentralrat fordert auch die türkischen Organisationen in Deutschland auf,
sich den Herausforderungen ihrer Geschichte zu stellen und endlich die
Aufarbeitung dieser dunklen Zeit in Angriff zu nehmen. Nur eine demokratische
türkische Bürgergesellschaft, die ihre eigene Geschichte annimmt, könne mit der
Aufnahme in eine Wertegemeinschaft rechnen, wie sie die Europäische Union
darstellt.

Herzlich laden wir Vertreter der Medien zu unseren Gedenkveranstaltungen ein.
Kontakt: Dr. Schawarsch Owassapian, Tel.: 06138 / 6231, Mail: owassapian@zentralrat.org

 

Zentralrat der
Armenier in Deutschland

Der
Vorstand

Frankfurt
am Main, 21.04.2008