Münch werde beschuldigt, Atatürk bei einem Vortrag auf einer Tagung
des EU-Parlaments über Massaker im Osten der Türkei herabgewürdigt zu
haben, berichteten türkische Medien. Der Staatsanwalt in Ankara habe
angeordnet in Belgien wegen des Textes der Rede vorstellig zu werden.
Bei einer Einreise in die Türkei drohten Münch im Falle einer
Verurteilung bis zu drei Jahre Haft.
Münch sagte dazu am Dienstag, er habe über Vorgänge in der heutigen
Provinz Tunceli (ehemals Dersim) gesprochen, wo damals hauptsächlich
Armenier und Aleviten lebten. Im Laufe der Zeit wurden Tausende von
ihnen vertrieben. 1937 kam es zum Aufstand, den die Regierung blutig
niederschlug. Mehrere zehntausend Menschen starben.
In seinem Vortrag bewertete Münch diese Vorgänge rechtlich und kam
zu dem Ergebnis, dass der damalige Präsident Mustafa Kemal Atatürk und
sein Kabinett dafür verantwortlich sind. "Wenn das heute vor Gericht
käme, wäre das eine Anklage wegen eines Verbrechens gegen die
Menschlichkeit und partiellen Völkermords", erklärte Münch. In der
Forschung sei es normal, dass Geschichte nach heutigen Maßstäben neu
bewertet werde. "In der Türkei findet die Aufarbeitung von Geschichte
generell nicht statt, wie man am Völkermord an den Armeniern sehen
kann", sagte Münch. "Das muss ein Land aber auf sich nehmen, um
Verantwortung zu zeigen." Und das könne auch von einem Land erwartet
werden, das Mitglied in der EU werden will, sagte er. lni