Papst Benedikt XVI. empfing gestern vormittag Seine Heilligkeit Aram I., Katholikos von Kilikien der Armenier, in Audienz.
Die
Armenische Apostolische Kirche ist eine orthodoxe Kirche der
armenischen Diaspora und hat ihren Sitz im Libanon. Sie zählt heute
sechzehn Millionen Gläubige in zwei Katholikaten (Etschmiadsin,
Kilikien), zwei Patriarchaten (Jerusalem, Konstantinopel) und rund 30
Diözesen, davon neun in Armenien. Das Katholikat von Kilikien (oder von
Sis) ist eine eigenständige Teilkirche der Armenischen Apostolischen
Kirche.
Der Papst und der Katholikos feierten nach ihrer
Begegnung in der Kapelle „Redemptoris Mater“ des Apostolischen Palastes
eine ökumenische Liturgie.
In seiner Ansprache vor dem Papst rief
Aram I. dazu auf, alle Völkermorde, eingeschlossen den des armenischen
Volkes, anzuerkennen. Die Welt von heute mit ihrem Bedürfnis nach
Gerechtigkeit und Versöhnung dränge die katholische und die
armenisch-apostolische Kirche dazu, „wahre Herolde des Friedens und der
Versöhnung durch die Förderung der Menschenrechte zu sein. Dabei sollen
sie für die Gerechtigkeit gegenüber jenen arbeiten, denen diese
verleugnet werden. Ziel müsse der Friede und die Versöhnung in allen
Situationen der Spannung und des Konfliktes sein.
In diesem
Zusammenhang, so Aram I., „müssen die Kirchen, die Religionen und die
Staaten einen jeden Völkermord, eingeschlossen den des armenischen
Volkes, anerkennen und alles mögliche tun, um neuen Genoziden
vorzubeugen“. Dies müsse durch die Behauptung der Rechte aller Völker
auf Würde, Freiheit und Selbstbestimmung gewährleistet werden.
Papst
Benedikt XVI. erinnerte in seiner Ansprache an den Katholikos während
der ökumenischen liturgischen Feier daran, dass das armenische Volk im
20. Jahrhundert „eine Zeit unsäglichen Leidens“ erlebt habe, wie die
vielen Märtyrer bezeugten.
Der Heilige Vater betonte, dass die
große Schar der Märtyrer, Lehrer und Theologen Armeniens ein Erbe
seien, „das heute Teil der ganzen Kirche ist“. Die
apostolisch-armenische Kirche von Kilikien und ihre Delegierten hätten
einen großen Beitrag zu den positiven Kontakten zwischen den orthodoxen
orientalischen Kirchen und der katholischen Kirche geleistet.
Es
müsse das Vertrauen bestehen, so der Papst, dass dieser Dialog
weitergehe, insofern die Aussicht auf die Klärung theologischer Fragen
bestehe, die in der Vergangenheit Grund zur Spaltung gewesen seien.
„Ich vertraue darauf, dass die gegenwärtigen Arbeiten der
Internationalen Kommission, die unter dem Thema stehen: ‚Das Wesen, die
Konstitution und die Sendung der Kirche’, es erlauben werden, dass
viele der spezifischen Fragen unseres theologischen Dialogs ihren
rechten Kontext und eine Lösung finden werden:“
Ein größeres
Verständnis und die Wertschätzung der apostolischen Tradition werde zu
einem noch wirksameren gemeinsamen Zeugnis für die geistlichen und
moralischen Werte beitragen, ohne die eine wahrhaft menschliche und
gerechte soziale Ordnung nicht bestehen könne.
Der Blick des
Papstes richtete sich abschließend auf die schwierige Situation der
Völker im Libanon und im Mittleren Osten, für die er jeden Tag bete. Er
zeigte seine tiefe Sorge aufgrund des Andauerns von Spannungen und
Konflikten, die „alle Anstrengungen zunichte machen, die der Versöhnung
und dem Frieden auf jeder Ebene der Zivilgesellschaft und des
politischen Lebens der Region dienen sollen“.
Benedikt XVI.
erinnerte an die Verfolgung der Christen in einigen Gegenden des
Mittleren Ostens und anderswo und betonte: „Nur wenn die betroffenen
Völker in der Lage sind, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, und die
verschiedenen Ethnien und religiösen Gemeinschaften einander voll
akzeptieren und respektieren, wird der Friede auf festen Grundlagen der
Solidarität, Gerechtigkeit und Achtung für die legitimen Rechte der
Menschen und Völker errichtet werden.“