Leider stimmt dieses Bild nicht überein mit der politischen Wirklichkeit in der Türkei selbst. Nach wie vor werden Autoren und Verleger juristisch verfolgt, wenn sie das Armenien-Tabu brechen und dieses Menschheitsverbrechen in ihren Arbeiten behandeln. Der berüchtigte Türkentumparagraph 301 ist nach wie vor der Knebel, mit dem die Obrigkeit unliebsame Autoren zum Schweigen bringen will. Der ZAD fordert die türkische Regierung erneut auf, endlich die Meinungsfreiheit im Lande sicher zu stellen und einen öffentlichen Diskurs über den Völkermord zuzulassen. Die scheinbar liberale Präsentation der türkischen Literatur im weit entfernten Frankfurt kann einen solchen Prozess nicht ersetzen. Erst wenn die Offenheit und Liberalität, die auf der Frankfurter Buchmesse gezeigt wird, auch in der Türkei selbst zum Tragen kommt, wird der Weg zu einer Versöhnung und zu einem gerechten Täter-Opfer-Ausgleich möglich. Und erst dann kann sich der Weg der Türkei nach Europa öffnen.
Zentralrat der Armenier in Deutschland
Dr. Sch. Owassapian, Vorsitzender
Frankfurt am Main, 16.10.2008