Gedenkfeier der Armenischen Gemeinde zu Berlin - Bericht

Die Gedenkfeier der Armenischen Gemeinde zu Berlin fand in diesem Jahr im Festsaal der Vertretung des Saarlandes beim Bund statt.

In
seiner Begrüßung bedankte sich Vorstandsmitglied Vartkes Alyanak bei
Frau Staatssekretärin Monika Beck, Bevollmächtigte des Saarlandes beim
Bund, für die freundliche Aufnahme und für die Möglichkeit, die
diesjährige  Gedenkveranstaltung im Festsaal der Vertretung des
Saarlandes durchzuführen: »Es bedeutet für uns Armenier eine besondere
Anerkennung unserer Erfahrung, daß wir die heutige Gedenkfeier in den
Räumlichkeiten eines Bundeslandes begehen können.«Einen besonderen Dank
sprach Herr Alyanak, Herrn Steffen Reiche, Minister für Bildung, Jugend
und Sport des Landes Brandenburg, für seine Bereitschaft aus, die
Gedenkrede zu halten. Herr Alyanak hob den engagierten Einsatz von
Minister Reiche für die armenische Erfahrung hervor: In Deutschland
gäbe es nur wenige Politiker, die mit einer solchen Entschiedenheit
Stellung beziehen gegen die Leugnung eines Verbrechens, mit dem ein
ganzes Volk vernichtet werden sollte. In diesem Zusammenhang wies Herr
Alyanak auf die historische Verantwortung Deutschlands hin: im Ersten
Weltkrieg war Deutschland Bündnispartner des Osmanischen Reichs und
während des Völkermords war die politische Haltung des Deutschen Reichs
nicht vom Bemühen die Vernichtung der Armenier zu verhindern
gekennzeichnet, sondern von Zurückhaltung. Berlin war auch jener Ort an
dem nach dem Ersten Weltkrieg die Hauptverantwortlichen für den
Völkermord an den Armeniern Zuflucht fanden.

In
ihrer Ansprache begrüßte Staatssekretärin Monika Beck die Teilnehmer
der Gedenkfeier und brachte ihre Freude darüber zum Ausdruck,
Gastgeberin für eine Veranstaltung zum 24. April zu sein. Auf die
Anfrage der Armenischen Gemeinde zu Berlin, die Feierstunde in den
Räumlichkeiten der Vertretung des Saarlandes beim Bund durchzuführen,
habe sie unverzüglich positiv reagiert, da Sie sich bereits seit langer
Zeit für die armenische Erfahrung interessiere.

Im
Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Gedenkrede von Herrn Minister
Steffen Reiche. Herr Reiche erinnerte an die Geschichte des
Völkermords, an seine ideologische Vorbereitung und Einbindung in die
Verwirklichung einer homogenen türkischen Nation. In seiner Ansprache
machte er insbesondere auf die Bedeutung der Erinnerung an diesen
Völkermord für die Gegenwart aufmerksam und kritisierte die offizielle
Haltung der Türkei. Zwar plädierte Reiche für Versöhnung, doch stellte
er fest, daß die Voraussetzung für eine Versöhnung die Anerkennung des
Völkermords durch die Nachfolgegesellschaft der Täter sei: »Wir können
den Täter nicht entlasten, bevor wir ihn endlich belastet haben, bevor
es in der Türkei möglich ist, die armenische Geschichte sichtbar zu
machen.«

Die
Veranstaltung wurde von dem bekannten Bariton aus Armenien Mikael
Babajanian musikalisch umrahmt, der von Silva Schmedding-Farmasian am
Klavier begleitet wurde. Gemeinsam interpretierten sie Lieder und Arien
von Komitas, Armen Tigranian und Tigran Tschuchadjian. Frau
Schmedding-Farmasian spielte zudem Klavierstücke von Komitas und Sergej
Rachmaninov. Die renommierte Schauspielerin Martina Krauel rezitierte
Lyrik und Prosa armenischer und deutscher Schriftsteller, in denen die
Themen Überleben und Zeugenschaft im Mittelpunkt standen. Musik und
Rezitation gaben Raum zum stillen Gedenken. Die suggestive Kraft der
Kompositionen und der Texte verliehen dem Erinnerten eine spürbare
Präsenz.

Die
Veranstaltung wurde von ca. 200 Personen besucht. Geladen waren
Vertreter aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Presse. Anwesend war
auch Herr Norbert Heinze, der erste Botschafter Deutschlands in der
Republik Armenien. Zudem nahmen an der Gedenkfeier Mitglieder der
Griechischen Gemeinde in Berlin teil, darunter vom Verein der
Pontos-Griechen.

Im Anschluß an die Gedenkfeier lud Frau Monika Beck zu einem Empfang im Foyer der Saarländischen Vertretung ein.

Mit
der diesjährigen Gedenkfeier knüpfte die Armenische Gemeinde zu Berlin
an die erfolgreiche und eindrucksvolle Veranstaltung zum 24. April des
Vorjahres an. Zusammen mit der zentralen Gedenkfeier in Frankfurt
machte die Veranstaltung der Berliner Gemeinde in der Hauptstadt der
Bundesrepublik die Entschlossenheit der armenischen Gemeinschaft
deutlich, sich gegen die Leugnung und in die Erinnerung zu stellen.

Berlin im Mai 2004
Vartkes Alyanak / Armenische Gemeinde zu Berlin