Am 15.03.23 nahm das Europäische Parlament (EP) die Berichte über die Beziehungen zwischen der EU und Armenien sowie zwischen der EU und Aserbaidschan an. In beiden Berichten wurde bekräftigt, dass ein umfassender Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan die Integrität des souveränen armenischen Territoriums sowie die Rechte und die Sicherheit der in Berg-Karabach lebenden armenischen Bevölkerung garantieren muss. Das EP betont, dass der Berg-Karabach-Konflikt eine umfassende politische Lösung im Einklang mit dem Völkerrecht (einschließlich der in der UN-Charta und der OSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 verankerten Grundsätze) erfordert. Insbesondere werden die drei Grundsätze der Nichtanwendung von Gewalt, territorialen Integrität und Selbstbestimmung erwähnt, des weiteren die Grundprinzipien der Minsk-Gruppe der OSZE von 2009.
Das Europäische Parlament begrüßt die Schritte, die die armenische und aserbaidschanische Führung unternommen haben, um einen dauerhaften und nachhaltigen Frieden in der Region zu erreichen, verurteilt jedoch zugleich auch das Verhalten der aserbaidschanischen Seite, die diese Bemühungen untergräbt – vor allem durch die ausdrückliche Androhung weiterer Angriffe, häufige Grenzverletzungen, Gebietsansprüche auf ein sogenanntes „West-Aserbaidschan“ oder die Verbreitung von Hassreden gegen die armenische Bevölkerung, insbesondere im Bildungswesen.
In den Berichten wurden die aserbaidschanischen Aggressionen gegen die Republik Armenien und das Eindringen Aserbaidschans in das souveräne Hoheitsgebiet Armeniens klar verurteilt. Das EP fordert den EU-Rat außerdem dazu auf, Sanktionen gegen Aserbaidschan zu verhängen, sollte das Land der Aufforderung des IGH zur Freigabe des Lachin-Korridors nicht nachkommen.
Der Bericht bedauert ferner, dass sich die Vereinbarung zwischen der EU und Aserbaidschan lediglich auf die Zusammenarbeit im Energiebereich konzentriert und an keinerlei Bedingungen geknüpft ist. Weiter verurteilt das EU-Parlament die expansionistische und destabilisierende Rolle der Türkei im Südkaukasus, u.a. durch die Entsendung syrischer Söldner, die im zweiten Berg-Karabach-Krieg 2020 auf der Seite Aserbaidschans kämpften. Das EP fordert die Türkei auf, eine konstruktive Rolle in der Region zu spielen und ihre bedingungslose Unterstützung für Aserbaidschan zu überdenken.
Schließlich fordert das EP beide Parteien, insbesondere aber die aserbaidschanischen Behörden dazu auf, sich jeglicher feindseligen Rhetorik oder Handlungen, die als Anstiftung zu Hass oder offener Gewalt verstanden werden könnten, zu enthalten.
Der ZAD begrüßt die klare Verurteilung Aserbaidschans seitens des Europäischen Parlaments, das sich nunmehr nicht, wie bisher im europäischen Diskurs gewohnt, in "bothsidesism" übt, sondern das Ungleichgewicht der beiden Seiten in Sachen Rhetorik, Aggression und Friedensbereitschaft anerkennt. Wir hoffen, dass die eindeutig aggressive, irredentistische Haltung Aserbaidschans und die Dehumanisierung der Armenierinnen und Armenier in aserbaidschanischen Medien und Schulen von der EU vermehrt aufgegriffen und verurteilt wird.