Seit vielen Jahren fordere der ZAD eine rechtsverbindliche Anerkennung des Völkermords von 1915 durch den Deutschen Bundestag und damit einhergehend die Möglichkeit, die Leugnung dieses Menschheitsverbrechens strafrechtlich zu verfolgen.
Der ZAD-Vorsitzende Azat Ordukhanyan meinte wörtlich: „Der 22. Dezember markiert eine Wende im europäischen Diskurs über die Frage, wie wir in Zukunft mit dem Thema Völkermord umgehen wollen.“ Zumindest in Frankreich würden die anderthalb Millionen Toten von 1915 und die Nachfahren der Überlebenden nun nicht mehr den Hohn und Spott der Leugner über sich ergehen lassen müssen.
Ordukhanyan erinnerte daran, dass es seit mehr als 90 Jahren die Versuche der offiziellen Türkei gebe, die Geschichte umzudeuten. Deutschland habe dieses Spiel lange mitgespielt, bis heute begegne die Politik den Armeniern „mit viel Gleichgültigkeit“. Die Meinungsfreiheit, so Ordukhanyan, ende da, „wo Fakten klar und eindeutig sind und wo die Leugnung dieser Fakten die Würde der Toten und die Ehre der Überlebenden verletzt.”
Der Völkermord an den Armeniern durchlief mehrere Phasen. Die erste Phase bezog sich auf die Jahre 1894 bis 1896, wobei Sultan Abdulhamid II. vor allem für den Einsatz der sogenannten „Hamidiye“-Truppen im östlichen Anatolien verantwortlich zeichnete (Fanal dieser ersten Phase war das Massaker in der armenisch-apostolischen Kathedrale von Urfa 1895). Nach der jungtürkischen Revolution 1908 kam es im Jahr darauf vor allem in Kilikien erneut zu schweren Ausschreitungen gegen die Armenier, obwohl die armenischen Parteien bei der Revolution mit der jungtürkischen „Bewegung für Einheit und Fortschritt“ (Ittihad ve Terakki) Schulter an Schulter gekämpft hatten.
Ab 1915 setzte dann die systematische Entrechtung, Vertreibung und Ausrottung der armenischen Bürger ein (aber auch die griechischen und syrischen Christen waren schwerst betroffen), die osmanische Regierung wurde zu diesem Zeitpunkt von „Ittihad ve Terakki“ gestellt. Es gibt zahlreiche Hinweise, dass die Vorgänge zentral in den Ministerien in Konstantinopel geplant wurden. Die entscheidende Rolle spielte der Innenminister (und spätere Großwesir) Talat Pascha. Nach wie vor unklar ist die Rolle der deutschen und österreichisch-ungarischen Verbündeten des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg beim Völkermord an den Armeniern. Es gibt Hinweise, dass vor allem deutsche Militärs den osmanischen Verbündeten „geraten“ hätten, die „unzuverlässige“ armenische Bevölkerung aus den Grenzgebieten zum Russischen Reich zu deportieren.
Auch nach Ende des Ersten Weltkriegs war der Leidensweg der Armenier nicht zu Ende. Bei den Auseinandersetzungen um Kilikien, aber auch in den Kämpfen zwischen den Kemalisten und der Republik Armenien wurden neuerlich ungezählte Armenier ermordet oder vertrieben. In der Agitation gegen die armenischen, griechischen und syrischen Christen vermengten sich panturanistische und islamistische Vorstellungen.
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