Zum 40. Todestag von Armen Haghnazarian (1941 - 2009)

Mit Armen Haghnazarian ist eine der bedeutendsten armenischen Persönlichkeiten in Deutschland gestorben. Der Zentralrat der Armenier in Deutschland trauert um einen Mann, der mit seinem Werk – der Dokumentation und Rettung unseres großen armenischen Architekturerbes – eine unvergleichliche Lebensleistung vollbracht hat. Wir trauern um einen Freund, der uns immer wieder mit seiner friedlichen sanften Stimme gemahnt hat, nicht nachzulassen im Kampf um den Erhalt unseres reichen kulturellen Erbes.

In seine aufreibende Arbeit war immer auch seine Frau mit eingebunden. Liebe Margrit Haghnazarian, liebe Sharis und Talin Haghnazarian, sie haben ihren Mann und ihren Vater in den letzten Monaten vor seinem Tod intensiv begleiten können. Unser tiefes Mitgefühl ist mit Ihnen. Sie haben Abschied voneinander genommen, aber sie werden jetzt spüren, dass das den Verlust nicht leichter macht. Dennoch können Sie sicher sein, dass Sie an vielen Orten immer wieder auf Spuren seines Wirkens stoßen: So werden Sie, wenn sie beispielsweise das Dadi Vank in Karabach besuchen, seinen Geist spüren. Es mag Sie dann trösten, dass er mindestens so lange in Ihrer und in unserer Erinnerung lebendig bleiben wird, solange dieses wunderbare alte Kloster inmitten einer traumhaften Bergwelt noch steht.

Die Dokumentation und Rettung unseres großen armenischen Architekturerbes, das war die Lebensaufgabe von Armen Haghnazarian. Als junger Architekt gründete er bereits die heute in Jerewan ansässige Organisation RAA, Research on Armenian Architecture, der er bis zum Schluss vorstand. Schon damals schickte er junge Kollegen und Studenten auf manchmal durchaus gefährliche Exkursionen z.B. in die Türkei, um dort Reste armenischer Baukunst fachkundig zu dokumentieren und zu fotografieren. Er selbst hat viel im Iran geforscht. So sind im Laufe von fast vierzig Jahren etliche einschlägige Publikationen erschienen, vor allem aber ist   ein mehrfach gesichertes Archiv entstanden, dessen Wert wir wahrscheinlich heute noch gar nicht richtig einzuschätzen vermögen.

Wie kraftvoll das Engagement dieses Mannes war, haben wir erst vor wenigen Jahren erlebt, als Armen Haghnazarian eine massive Kampagne zur Rettung der historischen Kreuzsteine, der Khartschkar-Felder von Nachitschewan ins Rollen brachte. Erfolglos, wie wir wissen, dieses Weltkulturerbe ist vernichtet. Nur die Dokumentation der Barbarei ist geblieben. So sehen wir, dass die Arbeit von Armen Haghnazarian nicht zuletzt ein jahrzehntelanger Kampf gegen den Ethnozid, gegen die Zerstörung letzter Spuren armenischer Identität in den alten armenischen Provinzen und Siedlungsgebieten war.

Nachitschewan war das Land, aus dem die Vorfahren des Verstorbenen stammten. Die dortigen Kreuzsteine nun spurlos zerstört zu sehen, hat ihn auch persönlich schwer getroffen. Aber er hat den Mut nie verloren, er hat weiter gearbeitet. Und so haben wir nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass viele Monumente armenische Kultur, dass Kirchen und Klöster erhalten werden konnten, dass in manchen dieser alten Mauern – wie etwa im Dadi Vank - heute wieder spirituelles Leben blüht.

Armen Haghnazarian, 19 41 in Teheran geboren, war 1969 Mitbegründer des späteren Zentralrats der Armenier in Deutschland und gehörte dem Vorstand einige Jahre lang an. Er hat ein oftmals hektisches Leben zwischen Aachen, Teheran und Jerewan gelebt. Das wird ihn viel Kraft gekostet haben, seine Gesundheit war schon lange angeschlagen. Aber es hat ihm auch viel Anerkennung und Ehre gebracht, die weit über seinen Tod hinaus wirken. Seine Hinterbliebenen werden es erfahren. Erst kürzlich hat die armenische Nationalbibliothek ihn mit dem Hakop-Meghabard-Preis ausgezeichnet. Er konnte den Preis nicht mehr persönlich entgegennehmen, seine lange Krankheit hat ihn zu sehr geschwächt. Ganz am Ende aber hat er noch einmal den Mut und die Stärke aufbringen können, seinen Tod bewusst anzunehmen.

Sein großartiges Werk wird uns immer Verpflichtung sein.

ZAD-Vorstand