Zwei Jahre nach der Bundestagsresolution zum Völkermord an den Armeniern: Deutschland wird seiner Verantwortung gegenüber den Armeniern nicht gerecht

Am 16. Juni 2005 gedachte die Bundestagsabgeordneten des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich. Sie verurteilte in einer Resolution nicht nur die „Taten der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reiches, die zur fast vollständigen Vernichtung der Armenier in Anatolien geführt haben“, sondern auch „die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches, das angesichts der vielfältigen Informationen über die organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern nicht einmal versucht hat, die Gräuel zu stoppen.“

Der
Zentralrat der Armenier in Deutschland hat damals die längst überfällige Beschlussfassung
des Bundestages begrüßt. Die damit verbundenen Hoffnungen und Erwartungen sind
in den vergangenen zwei Jahren leider nicht erfüllt worden. Eine vom Bundestag
geforderte umfassende, freie und offene Diskussion über das Verbrechen an den
Armeniern ist in der Türkei bis heute nicht möglich. Auch in den vergangenen
Jahren waren Wissenschaftler und Schriftsteller, die sich kritisch mit der
türkischen Geschichte auseinandersetzen wollen, strafrechtlicher Verfolgung und
öffentlicher Diffamierung ausgesetzt gewesen. Die Ermordung des armenischen
Journalisten Hrant Dink bildete den blutigen Höhepunkt der zunehmenden
rassistischen Hetze gegen die armenische Minderheit. Deutschland und auch die
EU müssen noch entschiedener für die
konsequente Einhaltung der Minderheitenrecht und der Meinungsfreiheit in der
Türkei eintreten.

Der
Bundestag hatte vor zwei Jahren darauf hingewiesen, dass die Bundesländer im
Rahmen der Bildungspolitik einen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an den
Völkermord leisten könnten. Brandenburg ist noch immer das einzige Bundesland,
wo das Thema Völkermord an den Armeniern in Rahmenlehrplan aufgenommen wurde.
Der Zentralrat der Armenier in Deutschland erwartet von den anderen
Landesregierungen, dass sie dem Beispiel Brandenburgs folgen.

Die
Forderung nach Öffnung der Grenze durch die Türkei und die Aufnahme
diplomatischer Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien wurden vom
Bundestag als zwei wichtige Maßnahmen zur Vertrauensbildung zwischen den zwei
Nachbarstaaten genannt. Leider setzt die Türkei ihre Blockadepolitik gegenüber
Armenien bis heute fort und weigert sich, diplomatische Beziehungen
aufzunehmen. Der Bau einer Eisenbahnverbindung, die - unter Umgehung Armeniens
- von der Türkei über Georgien nach Aserbaidschan führen wird, ist nur ein
Beispiel für die seitens der Türkei und Aserbaidschans betriebene Isolation
Armeniens in der Region. Die armenische
Gemeinschaft erwartet, dass Deutschland und auch die EU den
EU-Beitrittskandidaten Türkei endlich dazu bewegen, die Blockade Armeniens zu
beenden und diplomatische Beziehungen aufzunehmen.

Die
armenische Gemeinschaft in Deutschland war bei der letzten Bundestagswahl
schockiert darüber, dass ein Völkermord-Leugner und Gegner der
Bundestagsresolution als Kandidat der Linkspartei in den Bundestag gewählt
wurde. Obwohl er bis heute an seiner Position festhält lässt ihn die
Linksfraktion gewähren. Auch einige andere führende Vertreter der türkischen
Gemeinschaf in Deutschland leugnen oder verharmlosen den Völkermord an den
Armeniern. Dadurch verhindern sie, dass es wenigstens unter den in Deutschland
lebenden Türken zu eine kritischen Auseinandersetzung mit dem dunkelsten
Kapitel türkischer Geschichte kommt.

 

Zentralrat der
Armenier in Deutschland
Frankfurt
am Main, 15.06.2007